DBT

Die Dialektische-Behaviorale Therapie (DBT) ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz, der von der amerikanerin Marsha M. Linehan in den 80er Jahren ursprünglich für die Behandlung von chronisch suizidalen Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt worden ist. Er wird mittlerweile auch in den Behandlungen von anderen Störungsbildern, wie Essstörungen, Suchterkrankungen oder dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) angewandt. Dabei verwendet Linehan klassische Ansätze der Verhaltenstherapie und Elemente, vor allem aus dem Zen - Buddhismus, aber auch der Fragmente aus Gestalttherapie, körperorientierte Verfahren und der Hypnotherapie.

Dialektik bedeutet im weitesten Sinne die Aufhebung von Gegensätzen. Gerade bei Borderline-Betroffenen gibt es oftmals ein Schwarz-Weiß denken, welches im "dialektischen" Sinne aufgeweicht werden sollte, sodass es nicht entweder nur Schwarz oder nur Weiß gibt, sondern dazwischen ganz viele Grautöne mit ins Spiel kommen, die wahrgenommen und integriert werden sollten.

Die DBT gliedert sich in 5 Module, die wie folgt unterteilt sind:

  1. Achtsamkeit
  2. Umgang mit Gefühlen
  3. zwischenmenschliche Fertigkeiten
  4. Streßtoleranz
  5. Selbstwert

Dies ist nur eine grobe Zusammenfassung und bietet nur einen kleinen Einblick in die einzelnen Module. In der Therapie, die oftmals in Einzel und/oder Gruppentherapie stattfindet, werden die Module individueller und wesentlich tiefer behandelt. Zu jeder DBT gehört es sich, einen persönlichen Notfallkoffer zusammen zu stellen. Dieser sollte Dinge enthalten, die dem Betroffenen aus der Krise heraushelfen können. Dies können ganz verschiedene Dinge sein, Streßtoleranzskills, Listen mit Dingen, die einem gut tun, ein Notfallplan mit Notfallnummern usw.

Ein wichtiges Hilfsmittel ist auch die Reflexion und damit das Herausfiltern von Verhaltensmustern. Durch das regelmäßige Ausfüllen von Protokollen, wie einer Spannungskurve oder einer Diarycard, können Betroffene versuchen herauszufinden, was die Auslöser für Problemverhalten sind, wie das Problemverhalten aussieht u.v.m. Dadurch entsteht die Möglichkeit mit der Zeit Frühwarnsignale zu erkennen und dementsprechend rechtzeitig einzugreifen, um schädigendem Verhalten vorgreifen zu können. Schritt für Schritt kann man alte und eingefahrene Verhaltensmuster somit lösen und durch neue ersetzten.

Die DBT ist bisher die erfolgreichste Therapieform für Patienten mit einer BPS, wobei hier zu beachten ist, dass die Therapieform dennoch immer individuell gewählt werden muss. DBT ist eine übergreifende, sich stets weiterentwickelnde Therapieform, die auch sehr gut mit anderen Ansätzen zu kombinieren ist.

Die fünf Module

Im Bereich der Achtsamkeit fließen viele Aspekte des Zen-Buddhismus ein. Hierbei geht es um eine achtsame Wahrnehmung, welche Gefühle und Situationen betrifft, aber auch die Umgebungen beinhaltet, die wahrgenommen und beschrieben werden sollten, ohne dabei bewertet zu werden. Ziel dabei ist es, konzentriert und wirkungsvoll teilzunehmen, aber dabei immer noch die Kontrolle zu behalten. Ein weites Ziel ist mit sich und seiner Umgebung im Einklang zu sein und sich selbst zu spüren, ohne durch starke Emotionen oder Gedanken überflutet und abgelenkt zu werden. In diesem Modul werden die sogenannten Skills (Fertigkeiten) eingeführt, die dazu dienen, Anspannungszustände zu senken. Skills speziell auf die Achtsamkeit bezogen, bedeuten mit Hilfe der 5 Sinne (hören, schmecken, fühlen, riechen, sehen) die Wahrnehmung nach außen zu richten. Beispiele hierfür wären: sich auf Geräusche in der Umgebung zu konzentrieren, wie auf Vogelgezwitscher, an einer Duftkerze riechen, die Blätter im Baum beobachten, den Wind im Gewicht spüren, in eine Zitrone beißen usw. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Im Bereich Umgang mit Gefühlen geht es vordergründig darum, Gefühle wahrnehmen, sie beschreiben und konkret benennen zu lernen. Dabei ist es wichtig herauszufinden, welche Gefühle angemessen sind und weshalb es dann auch gut sein kann, angemessen danach zu handeln und welche Gefühle unangemessen sind und in welchen Situationen man dann besser entgegengesetzt handelt. Dies stellt gerade für Borderline Betroffene ein sehr komplexes Problem dar, welches immer wieder überprüft werden muss.
Vor einer Veränderung steht allerdings immer der Schritt der radikalen Akzeptanz. Das heißt nicht, dass man die Situation gut heißen muss, sondern nur, dass man sie erst akzeptieren muss, bevor man sie verändern kann. Wichtig ist, sich klar zu machen, dass Gefühle durch unsere Gedanken und unser Handeln beeinflussbar sind. Dabei kann folgender Satz helfen:
Ich bin nicht das Gefühl – ich habe ein Gefühl.

Im Modul zwischenmenschliche Fertigkeiten geht es vor allem darum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, sie in angemessener Form äußern zu können, sie durchsetzen zu können und sich gegen andere abgrenzen zu können. Dabei ist eine Aufgabe, sich bewusst klar zu machen, welches Ziel erreicht werden sollte. Ist der Selbstwert, die zwischenmenschliche Beziehung oder mein zu erreichendes Ziel am wichtigsten?
In diesem Modul geht es auch viel darum herauszufinden und zu üben, in welchen Fällen es wichtiger ist auf seine eigene Meinung zu beharren und wo es sinnvoller ist nachzugeben. Beziehungen sollen geknüpft und aufrechterhalten werden, was Borderline Betroffenen oftmals schwer fällt. Es soll gelernt werden sich dabei selbst zu vertrauen und sich selbst, aber auch den anderen zu respektieren.

Stresstoleranz spielt besonders in Krisensituationen und bei einer sehr hohen Anspannung eine Rolle. Bei einer Scala im Wert von 0-10 sagt man, dass ab einem Wert von 7 nur noch Stresstoleranzskills greifen, da die Anspannung so hoch ist, dass sich der Betroffene z.B. auf Achtsamkeitsübungen gar nicht mehr konzentrieren kann. In diesem Modul soll vor allem herausgefunden werden, was für Skills (Fertigkeiten) für den einzelnen Betroffen in solch einer hohen Anspannungssituation noch greifen. Ziel ist es, die Anspannung zu senken, Gefühle und Gedankenkreise zu unterbrechen, um so schädigenden Verhaltensweisen vorzubeugen und diese zu vermeiden. Viele Skills in diesem Bereich haben einen hohen sensorischen Reiz (zum Beispiel eine Chilischote essen oder ein Coolpack auf den Arm legen) oder etwas mit "sich spüren" zu tun (z.B. lange joggen gehen, einen Igelball auf dem Arm hin und her rollen usw.)

Das Modul Selbstwert dient zur Stärkung des Selbstwertes, des Selbstvertrauens und der Selbstakzeptanz. Es geht darum, einen liebevollen Umgang mit sich selbst zu erlangen und zumindest eine Art "Waffenstillstand" mit sich selbst zu schließen. Fairness sich selbst gegenüber, Selbstregulation und Selbstkontrolle spielen dabei eine große Rolle. Es geht u.a. auch darum sich die positiven Aspekte seiner selbst und des Lebens bewusst zu machen und nicht nur einen negativen Blickwinkel auf die Dinge und die eigene Persönlichkeit zu haben, wie es bei vielen Borderline-Betroffenen oftmals der Fall ist.